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Tim Donsbach
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Resilienz

Resilienz: Wie stärken wir unsere Kinder und auch uns Eltern insbesondere in Krisen?

Kinderhand mit einem Marienkäfer auf dem Finger

Wir brauchen starke Kinder!

Rolf Zuckowski hat es schon in den 80er gesungen.

Gerade aktuell in dieser Pandemie wurde eines noch einmal klarer: Wir müssen die Widerstandskräfte unserer Kinder stärken! Psychische Widerstandkräfte bezeichnet man als Resilienz! Quasi das seelische Immunsystem. Das ist nicht angeboren. Das heißt, alle Eltern können ihre Kinder unterstützen, resilient zu werden und als starke Kinder durchs Leben zu gehen. Wie, das weiß die Psychologin Sina Vogt:

Homeschooling, parallel dazu im Homeoffice arbeiten, während dann auch noch die Kindergartenkindern um den Laptop herumhüpfen, keine Treffen mit Freunden, keine Auszeiten – Eltern hatten in dieser Coronazeit wirklich einiges auf ihren Schultern.

Nicht wenige haben die Coronakrise auch als persönliche Krise erlebt. eine Krise kann aber auch eine echte Chance sein, die eigene Resilienz, also die eigenen psychischen Widerstandskräfte zu stärken, sagt die Psychologin Sina Vogt. Denn Resilienz ist nicht angeboren und wir können sie auch als Erwachsene weiterentwickeln und stärken.


Definition: Was ist eigentlich Resilienz?

Um besondere und kritische Lebensereignisse gut und ohne seelischen Schaden bewältigen zu können, braucht man Bewältigungsressourcen und seelische Widerstandsfähigkeit, die auch Resilienz genannt wird. Bildlich gesprochen ist Resilienz ein „schützender Schirm“, der in verschiedensten Situationen „Bedrohungen“ (Sonne, Regen) abwehrt. Man kann sich Resilienz als das „Immunsystem der Seele“ vorstellen. Resilienz ist keine angeborene Eigenschaft, sondern wird im Laufe des Lebens erworben und kann gezielt gefördert werden. Resilienz entwickelt sich aus den Erfahrungen mit der Umwelt.


Welche Faktoren beeinflussen Resilienz?

Viele Faktoren können die Resilienzfähigkeit eines Menschen beeinflussen. Die Forschung zu diesem Thema und Resilienzkonzepte werden stetig erweitert. Es gibt aber bestimmte Schutzfaktoren, die zu einer hohen Resilienz führen:

Resiliente Menschen haben gute

  • Selbst und Fremdwahrnehmung: Sie haben Wissen über die eigene Person und kennen ihre Stärken und Schwächen.
  • Soziale Kompetenzen: Sie können auf andere Personen zugehen und sich in andere Personen hineinversetzen.
  • Gefühls und Stressbewältigung: Sie wissen, welche Strategien ihnen helfen, um mit den eigenen Gefühlen wie z. B. Trauer und Stress umzugehen.
  • Problemlösungsfähigkeit/Coping: Sie können Schwierigkeiten im Alltag gezielt angehen und lösen. Sie können Probleme ansprechen und ggf. andere um Hilfe bitten.
  • Selbstwirksamkeit: Sie vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten und glauben daran, Ziele aus eigener Kraft erreichen und Herausforderungen des Lebens bewältigen zu können.
  • Soziale Bindungen: Sie pflegen enge wohltuende Beziehungen, bei Bedarf holen sie sich dort Unterstützung. Sie entfernen sich von Menschen, die ihrem Wohlbefinden im Wege stehen. Innerhalb der Familie ist damit vor allem die Vorbildfunktion der Erwachsenen gemeint. Kinder lernen am Modell, besonders bei den ihnen nahestehenden Menschen. Ein resilienter Erwachsener stärkt somit auch die Resilienz seines Kindes. Positive familiäre Beziehungen sind hier elementar.

So stärken wir die Resilienz von Kindern

Es gibt viele Möglichkeiten, die Schutzfaktoren kindgerecht zu fördern und die Resilienz zu stärken.

Lob, Bestätigung und Anerkennung

Kinder brauchen Anerkennung! Sie fördert das positive Selbstverständnis und führt dazu, dass sich Kinder ihrer eigenen Stärken bewusst werden und wissen, was sie können. Wichtig ist hierbei, dass nicht alles gelobt wird, was das Kind tut.

Tipp: Es muss sich um echtes und ehrliches Lob handeln, welches dem Kind Erfolgserlebnisse bewusst macht und diese hervorhebt. Dabei ist es wichtig, die Entwicklungsschritte und das Alter des Kindes zu berücksichtigen.

Verantwortungsbewusste Experten

Kinder müssen zum Experten ihres eigenen Lebens werden und lernen, ihr Leben eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig zu gestalten. Dafür ist eine aktive und dem Alter entsprechende Mitbestimmung entscheidend. Wichtig ist dabei, dass es sich um „echte“ Verantwortung handelt und auch keine Überforderung für das Kind entsteht. Es gibt im Alltag viele Möglichkeiten, wie Kinder mitentscheiden und Verantwortung übernehmen können.

Tipp: Kinder können aktiv in Geschenkideen für Freunde und Verwandte einbezogen werden. Sie können mit überlegen, was gekauft wird, etwas basteln oder ein Bild malen. Beteiligung des Kindes an alltäglichen Aufgaben wie Tisch decken, Spülmaschine ausräumen oder einkaufen. Hierbei sollte es auch Entscheidungen treffen dürfen, beispielsweise die Käsesorte aussuchen.

Selbstständigkeit fördern

Eltern und Erwachsene sollten nicht die Problemlöser der Kinder sein. Das vermittelt dem Kind, dass es mit Problemen nicht selbstständig umgehen kann. Es dem Kind immer leicht machen zu wollen, geschieht bestimmt in guter Absicht, behindert aber die Resilienzentwicklung des Kindes. Das Kind geht davon aus, dass andere seine Probleme lösen und lernt nicht, eigene Lösungsstrategien zu entwickeln.

Spaß und Freude

Spaß und Freude sind große Stressminderer im Leben eines Menschen. Auch hier werden die Grundsteine in der Kindheit gelegt. Deswegen sollten sie immer wieder im Fokus stehen.  

Tipp: Interessen und Hobbys von Kindern fördern! Denn es geht um mehr als „nur“ Spaß: Hobbys fördern Fertigkeiten und Talente. Dadurch erfahren Kinder Respekt und Beachtung von anderen Menschen. Auch lernen Kinder in ihren Hobbys, realistische Ziele zu setzen und zu verfolgen. Das vermittelt dem Kind die Motivation zum Durchhalten oder Weitermachen.

Vorbilder

Kinder lernen am Modell. Sie nehmen sich andere Menschen zum Vorbild und ahmen nach, was diese tun. Somit fördern resiliente Vorbilder und Eltern die Resilienzentwicklung von Kindern.

Tipp: Das können Erwachsene ihren Kindern am eigenen Beispiel zeigen:

  • mit Enttäuschungen und Fehlern umzugehen,
  • sich realistische Ziele und Erwartungen zu stellen und umzusetzen,
  • eine offene Kommunikation und angemessene Streitkultur zwischen den Eltern, sie fördert zudem die Kommunikationsfähigkeiten und die Sozialkompetenz der Kinder.

Auch Kinder können und dürfen Vorbilder für andere Kindern sein. Dabei ist es wichtig, dass voneinander lernen und unterstützen im Mittelpunkt steht und kein Vergleich zwischen Kindern entsteht. Dies würde die Resilienzentwicklung eher hemmen. Also nicht: „Schau mal, die Anna kann das schon mit ihren vier Jahren und du bist schon fünf und bindest deine Schuhe immer noch nicht selbst.“, sondern: „Wow, schau dir das mal an. Die Anna kann schon ihre Schuhe ganz alleine binden. Frag sie doch mal, wie sie das geschafft hat.“


So stärken wir die Resilienz von Eltern

Eltern sind, wie schon gesagt, wichtige Vorbilder für ihre Kinder. Deshalb sollten auch Erwachsene ihre Resilienzen überprüfen und fördern. Nur wer für sich selbst sorgen kann und dieses auch vorlebt, kann sich um andere kümmern und ein stabiles Umfeld bieten. Es gibt viele Möglichkeiten, dies in seinen Alltag zu integrieren.

Krisenkompetenzen

Es ist ausgesprochen wichtig, seine eigenen Krisenkompetenzen genau zu kennen. Dies erleichtert den Umgang mit Krisen und man kann aktiv auf seine Kompetenzen zurückgreifen.

Tipp: Mit folgenden Fragen sollte man sich auseinandersetzen und sie beantworten können:

  • Welche kleineren und vielleicht auch größeren Krisen haben Sie in Ihrem Leben bereits überstanden?
  • Wenn Sie Ihrem besten Freund oder Ihrer besten Freundin beschreiben sollten, wie Sie das geschafft haben, was würden Sie über Ihr Erfolgsgeheimnis berichten?
  • Was haben Sie durch diese Krisen gelernt, was Sie ohne die Krise heute nicht (so gut) könnten?
  • Das Wissen aus dieser Analyse kann genutzt werden und in speziellen Belastungs- oder Krisensituationen kann diese Frage ergänzt werden: Wie können Sie diese Strategien auf die aktuelle Krisensituation übertragen und anwenden?

Selbstreflektion

Der Mensch entwickelt sich ein Leben lang. Deshalb ist es wichtig, sich stetig neu zu reflektieren, um sich auch Veränderungen bewusst zu werden.

Tipp: Individuelle „Energiefresser“ und „Energiespender“ bewusst machen. In allen Lebensbereichen, sowohl beruflich als auch privat, ist es wichtig, den Alltag stets so zu organisieren, dass gut mit der Energie gehaushaltet wird. Dazu gehört vor allem auch das Einhalten bzw. die bewusste Schaffung von Pausen und Auszeiten im Tag.

Selbstliebe

Oft liegt im Alltag der Fokus auf all dem, was noch erledigt werden muss oder nicht geschafft wurde. Gerade dann ist es wichtig sich bewusst die Dinge zu vergegenwärtigen, welche man erfolgreich bewältigt und geschafft hat.

Tipp: Es hilft, regelmäßig folgende Fragen für sich beantworten: Welche Erfolge habe ich in letzter Zeit gehabt? Worauf bin ich stolz? Was kann ich gut? Wie habe ich mich belohnt?

Ziele

Sich seiner Wünsche für die Zukunft bewusst zu sein, schafft ein positives Lebensgefühl. Hierzu hilft es sich seine Ziele für die verschiedenen Lebensbereiche (Beruf, Familie, ich selbst) konkret und realistisch aufzuschreiben.

Tipp: Ziele sollten immer positiv formuliert sein: „Ich möchte mehr Zeit mit meiner Familie verbringen.“ statt „Ich möchte weniger arbeiten.“ Bei einer Negativformulierung hilft es, sich konkret zu fragen „Okay, wenn ich XY nicht mehr will, was will ich denn stattdessen?“ Außerdem ist es gut, Ziele zeitlich realistisch zu planen und auch den erfolgreichen Abschluss eines Ziels zu würdigen und zu feiern.

Organisation

Der häufigste Stressfaktor ist eine schlechte Organisation oder zu knappe tägliche Zeitplanung. Wer sich oft gehetzt und gestresst fühlt, sollte sich sein Zeitmanagement bewusst machen.

Tipp: Hierbei helfen anschauliche Diagramme oder ein klassischer „Stundenplan“. Dies ist oft einfacher als man denkt. Es genügt, sich einen speziellen Tag oder eine Woche mit Hilfe eines Plans zu veranschaulichen. Hierbei sollten ganz konkret auch Pausen und Ruhezeiten berücksichtigt werden. Denn es geht nicht nur darum, immer „perfekt“ nach dem erstellten Plan zu funktionieren, sondern vielmehr seine Ressourcen sinnvoll zu verteilen, um mit seiner Energie haushalten zu können.