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Dirk Sluyter
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Jüdisches Leben in Bielefeld

#BringThemHomeNow

In der jüdischen Gemeinde Bielefeld war am Samstag dem 09. März 2024 Shay Benjamin, die Tochter einer Hamas-Geisel zu Gast. Ihr Vater Ron wird seit dem 07. Oktober 2023 im Gaza-Streifen festgehalten. Wie Shay die Zeit erlebt, was sie unternimmt um Aufmerksamkeit zu erzeugen und ihren Vater zurück zu bekommen, das hört ihr hier. Timo Fratz hat sich mit Shay unterhalten:


Shay Benjamin reist mit ihrer Familiengeschichte durch Europa. Unter dem Motto #BringThemHomeNow will sie, gemeinsam mit anderen Angehörigen, dafür sorgen, dass die Geiseln der Hamas nicht in Vergessenheit geraten. Es ist ihr wichtig, eine möglichst große Öffentlichkeit zu bekommen. Hier hört ihr unseren Beitrag über ihren Besuch in Bielefeld:

Der Terrorakt der Hamas

Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas in Israels mehr als 1.200 Menschen getötet. 253 weitere wurden als Geiseln verschleppt. 134 davon sind auch nach über 150 Tagen noch in den Händen der Terrormiliz. Shays Vater Ron Benjamin ist einer von ihnen.


Bielefelder "Friedensdemos" mit Hassbotschaften

Der Krieg in Nahost hat auch in Bielefeld Auswirkungen. An der jüdischen Synagoge finden regelmäßig stille Mahnwachen statt. Dabei wird an die ermordeten Menschen vom 7. Oktober erinnert, außerdem natürlich an die Geiseln der Hamas. Regelmäßig wird aber auch vor dem Rathaus zu sogenannten "Friedensdemos" aufgerufen. Hierbei steht das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza im Mittelpunkt; zumindest angeblich. Bei diesen Friedensdemos kommt es jedoch immer wieder zu Äußerungen der Veranstalterin, die sich im Grenzbereich des Erlaubten und über der Grenze des Ertragbaren bewegen.

Aussagen im und über dem Grenzbereich

Uns als Radio Bielefeld ist bewusst, dass wir diesen Aussagen mit der Veröffentlichung einen Raum geben, den wir eigentlich nicht bieten wollen. In der journalistischen Abwägung haben wir uns dennoch dafür entschieden. Wir wollen hörbar machen, was passiert:

 

Radio Bielefeld distanziert sich klar vom Inhalt dieser Aussagen. Wir bewerten sie als Verschwörungstheorien und Lügen.

Reaktion der Veranstalterin

Wir haben die Veranstalterin der "Friedensdemos" mit ihren eigenen Aussagen konfrontiert. Zu der Behauptung, Israel habe den Terroranschlag vom 7. Oktober gezielt selbst initiiert, um eine ethnische Säuberung und Vertreibung der Palästinenser zu erreichen, gibt sie an, diesen nicht mehr zu Verwenden, "um möglichen Missverständnissen vorzubeugen und jegliche Möglichkeit auszuschließen, dass er gegen uns verwendet wird – eine Entwicklung, die bedauerlicherweise wie erwartet eingetreten ist."

Zivilbevölkerung schützen

Natürlich haben wir von Radio Bielefeld Verständnis dafür, dass sich nicht zuletzt Angehörige um die Menschen in Gaza sorgen machen. Richtig ist auch, dass der Internationale Gerichtshof in den Haag Israel mehrere einstweilige Maßnahmen aufgab, die Zivilbevölkerung mehr zu schützen.

Aktuelle Entwicklungen zum Nahost-Konflikt hört ihr in unseren News und ihr bekommt sie hier.


Nie wieder ist jetzt!

Vor 85 Jahren fand in Deutschland die Reichspogromnacht statt. Auch in Bielefeld brannte die Synagoge, jüdische Geschäfte wurden zerstört und Jüdinnen und Juden wurden misshandelt und ermordet. Am 09. November 1938 wurde der Weg in die Schoa endgültig geebnet. 85 Jahre später fragt sich die jüdische Gemeinschaft wieder, ob es in diesem Land und auch in Bielefeld noch eine Zukunft für sie gibt.

Foto: NW

Das Interview mit Irith Michelsohn

Die Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde in Bielefeld hat in einem Interview mit Radio Bielefeld jetzt deutlich gemacht, dass Menschen mit jüdischem Glauben derzeit auch in unserer Stadt in Angst leben. Irith Michelsohn spricht davon, dass Bielefelder Jüdinnen und Juden ihren Glauben verheimlichen, weil sie verbale und physische Attacken befürchten.

Jüdische Gottesdienste werden aus Angst gemieden

Auslöser für die Befürchtungen sei der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die Reaktionen darauf. Seit dem 7. Oktober tritt für Irith Michelsohn auch in Bielefeld Judenfeindlichkeit durch Islamisten und Salafisten sowie Anhänger der rechten Szene immer offener zutage. Sie spricht von Gemeindemitgliedern, die sich nicht mehr zum Gottesdienst trauen oder Sorge haben ihre Kinder in den jüdischen Religionsunterricht zu schicken. Michelsohn fordert von der Bielefelder Stadtgesellschaft mehr Solidarität und Zivilcourage.

Ist Bielefeld für Jüdinnen und Juden ein sicherer Ort?

Die nächsten Wochen und Monate müssten zeigen, ob Bielefeld für die Jüdinnen und Juden ein sicherer Ort und ihre Heimat sei. Irith Michelsohn ruft unter anderem dazu auf, an den Stillen Mahnwache Freitags an der Synagoge teilzunehmen. Es sei wichtig, dass die Gemeinde spüre, dass Jüdinnen und Juden in Bielefeld nicht alleine sind.

Das komplette Interview von Radio Bielefeld Reporter Moritz Müller mit Irith Michelsohn könnt ihr euch hier anhören:


Synagoge in Bielefeld

Haus der Hoffnung: Die "neue" Synagoge

Die Jüdische Synagoge "Beit Tikwa" an der Detmolder Straße ist heute die Heimat der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld. "Beit Tikwa" ist Hebräisch und bedeutet übersetzt "Haus der Hoffnung". Sie entstand 2008 aus dem Umbau der Paul-Gerhardt Kirche. Sie ist die erste Synagoge bundesweit, die nach dem Krieg aus dem Umbau einer evangelischen Kirche entstand.

Alte Synagoge in Bielefeld vor ihrer Zerstörung

Von Nazis zerstört: Die "alte" Synagoge

Die Alte Synagoge an der Turner Straße wurde 1905 eingeweiht. Sie bot Platz für 800 Gläubige. Im Novemberpogrom wurde sie in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 von den Nationalsozialisten zerstört. Jährlich findet am 09. November eine Gedenkveranstaltung am Ort der ehemaligen Synagoge statt.

Die Jüdische Gemeinde Bielefeld wurde 1705 gegründete. Die Anfänge Jüdischen Lebens in Bielefeld liegen im 14. Jahrhundert. Die Gemeinde ist heute als Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld aktiv und in der Stadtgesellschaft vielfältig engagiert. Sie beteiligt sich unter anderem an den alle zwei Jahre stattfindenden Jüdischen Kulturtagen.